Was ist Kultur? Oder kulturlos? Gut, also Schmatzen ist kulturlos. Oder Raubbau an der Natur. Kultur (von: cultus, lateinisch (nomen): Lebensweise, Pflege, Anbau, Ausbildung, Bildung, Erziehung, Kleidung, Kultur. Lebensart, Übung) ist eigentlich alles. Kultur ist so ziemlich alles, was uns ausmacht. Und zwar immer aktuell und im Wandel der Zeit. Wir kultivieren, was uns nützt. Weizen, Gerste, Hopfen. Kein Widerspruch. Schweine, Hühner, Rinder. Schon mehr Widerspruch. Soja, Palmöl, Mais in Monokultur auf gerodeten Urwaldflächen. Oh je, nicht schön, aber weit weg. Fracking, Erdöl, CO2. Das wird zur Existenzfrage unserer Kultur. Also Diesel fahren ist mindestens so schlimm wie Schmatzen.
Der gutsherrenartige Umgang mit unserer Natur, das selbstherrliche Verbrauchen unserer natürlichen endlichen Ressourcen und das hochnäsige Verschieben von Lösungen kratzt an unserem kulturellen Vermögen. Es ist nicht Kultur, wenn wir ehrfürchtig vor alten Ölgemälden stehen (nein, keine CO2 Anspielung) und gleichzeitig Ressourcen auf dem Rücken der Ursprungsländer ausbeuten, als gäbe es nur Zigarrenlounges und Erste Klasse Abteils. Es ist ganz und gar kulturlos, wenn wir fossile Energieträger für 100 Milliarden Euro (stat. Bundesamt Einfuhrstatistik) pro Jahr importieren, diese ungeniert verbrennen und uns einen Dreck um die Sorgen der Ursprungsländer kümmern.
Wir betreiben ja hier einen Politik-Blog, und zwar einen konservativen. Diese Sicht ist sehr klar und einfach: Es ist die persönliche, moralische und unausweichliche Verpflichtung eines (von den Bürgern gewählten) Politikers, alle Ideen und technischen Errungenschaften aufzugreifen, die die Aussicht auf Bewahrung unseres kulturellen Erbes (im Englischen Heritage) bieten könnten. Diese Verpflichtung gilt für jeden gewählten Politiker persönlich, auf kommunaler Ebene in den Orts-, Gemeinde- und Stadtparlamenten, auf Landesebene in den Landesparlamenten und auf der Bundesebene natürlich erst recht.
Wir können schnell und intuitiv sagen, was wir für kulturlos halten. Ketchup zu einem erstklassigen Wiener Schnitzel bestellen. Oder in der Oper bei leichtem Adagio lautstark mit dem Handy telefonieren. Jeder weiß, was nicht geht. Aber was ist denn das Gegenteil? Es zeugt von Kultur, eine bessere Erzeugungsmethode aus dem Meer der Ideen zu fischen und sich persönlich dafür einzusetzen, das Ding an Land zu ziehen.
Wasserstoff aus überschüssiger Windenergie und Kläranlagenwasser zu erzeugen, das ist so ein Ding aus dem Meer der Ideen. Grüner Wasserstoff, das ist eine Frage der Kultur. Wasserstoff kommt in der Erdhülle nicht in natürlicher Form vor (im Weltall schon, da in Hülle und Fülle) und muß auf der Erde also kultiviert werden. Aus Abwasser und Gülle wird mit natürlich vorhandener Energie und ausgefeilter Technologie Wasserstoff und Methan. Das ist so günstig, dass Sie mit 3€ 100km weit fahren können, ohne ein Gramm CO2 zu verbrauchen.
Kultur. Ich bin überzeugt, dass es nur wenige Menschen, Forscher, Wissenschaftler, Manager, Finanzer gibt, die derart disruptive Innovationsprozesse lenken, an deren Ende Mobilität aus Gülle und Abwasser erzeugt wird. Ich bin aber überzeugt, dass diese extrem disruptiven Denker gleichzeitig überaus passionierte Kulturmenschen sind.